Eine
Putzsystematik ist eine Abfolge von Reinigungsarbeiten nach einer fest-gelegten Ordnung. Beim Zähneputzen trägt sie der Tatsache Rechnung, dass
jeder Zahn 5 Flächen hat:
- Kaufläche bzw. Schneidekante bei Frontzähnen
- Außenfläche
- Innenfläche
- vorderer Zahnzwischenraum
- hinterer Zahnzwischenraum
Zur Vereinfachung kann man sich Würfel vorstellen, die an der Basisfläche fest mit dem Tisch verbunden sind und mit anderen Würfeln in einem Halbkreis stehen wobei zwischen den Würfel kleine Spalträume existieren. Wollen wir diese Würfel vollständig reinigen, benötigen wir zunächst eine
Systematik, um keine Fläche zu vergessen.
Die meisten Systematiken ordnen die gleichnamigen Flächen, also z. B. die Kauflächen, einer bestimmten Putztechnik zu und sehen die
Reinigung aller gleichnamiger Flächen in einem Durchgang vor. Es wird also nicht wild zwischen verschiedenen Flächen hin- und her gesprungen, sondern jede Flächengruppe für sich gereinigt. Wie beim Putzen im Haushalt spart man auf diese Weise Zeit und erzielt ein besseres Ergebnis.
Eine
Putztechnik ist eine Bewegungs-form des Reinigungswerkzeuges (z. B. Handzahnbürste) auf einer Flächen-gruppe. Welche Bewegung ich ausführen sollte, hängt also von der Fläche und von meinem Werkzeug ab. Eine klassische Handbürste wird anders geführt als eine Dreikopf-Zahnbürste, diese wiederum anders als eine rotierend-oszillierende elektrische Zahnbürste. Eigentlich logisch, aber der Teufel steckt wie so oft im Detail.
Das KAIplus-Putzsystem für Kinder
Putzsystematik und Putztechnik müssen also zu einer
ritualisierten Standard -prozedur kombiniert werden, die wir automatisiert, auch unter Zeitdruck oder wenn wir müde sind, erfolgreich umsetzen können.
Wir werden dies zunächst anhand des einfachsten Putzsystems, dem
KAIplus-System für Kinder
beschreiben. KAIplus ist ein Akronym und steht für:
- Kaufläche
- Außenseite
- Innenseite
- plus steht für das Nachbürsten der Zähne durch die Eltern
Dieses System wird
in allen hessischen Kindergärten gelehrt und sollte sinnvollerweise auch in dieser Form zu Hause oder beim Zahnarzt vermittelt werden. Es baut auf der langsamen Ausbildung der Geschicklichkeit und des räumlichen Vorstellungsvermögens von Kindern auf, die nach und nach die drei Arbeitsschritte erlernen sollen. Für die
Beurteilung des Entwicklungsstandes Ihres Kindes sehen Sie sich bitte die "Zeichnungen" Ihrer Kinder an, an ihnen können sie gut das Steuerungsvermögen der Hand und die räumliche Koordination einschätzen:
- einfache, geradlinige Striche =>
Schrubbewegung, Kauflächen können geputzt werden
- erste kreisförmige und angeordnete Strukturen =>
kreisförmige Bewegung, die Außenflächen können geputzt werden
- erste bildhafte und räumliche Szenen =>
räumlich kontrollierte Wischbewegung, Innenseiten der Frontzähne und Seitenzähne können geputzt werden
Selbstverständlich müssen Sie als Eltern
nach dem "Zähneputzen" des Kindes noch einmal alle Flächen nachbürsten!
(Deshalb heißt es ja auch KAIplus.)
Weitere Informationen und Abbildungen finden Sie auf der Seite der Landesarbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege Hessen (LAGH):
https://www.lagh.de/eltern
Idealerweise tun Sie das in genau der richtigen Reihenfolge und mit den Bewegungen der KAI-Technik, damit das Kind das Putzritual immer wieder beobachten und somit durch Nachahmen erlernen kann. Seien Sie nicht ungeduldig, denn für den jeweils nächsten Arbeitsschritt sind Reifungsprozesse notwendig, die durch "unterrichten" nicht beschleunigt werden können. Bis ein Kind "richtig" Zähne putzen kann, dauert es Jahre. In der Regel haben Kinder erst in der 3. oder 4. Klasse, wenn sie flüssig Schreibschrift schreiben können, die erforderliche Koordination, um erfolgreich selbstständig Zähne putzen zu können.
Und so geht es:
K: Das Putzsystem "KAI" beginnt mit den
Kauflächen, die sich rechts und links im Ober- und Unterkiefer befinden. Die Putztechnik für diese Flächen ist eine einfache "Schrubbewegung", hin und her in gerader Linie. Kinder müssen schon hier eine erste Hürde überwinden: Nehmen sie die Bürste in ihre dominierende Hand (meist also die rechte), müssen sie für die Kauflächen auf der linken Seite die Mittellinie des Körpers kreuzen, was den Kleineren oft noch nicht gelingt. Hierfür dürfen sie die Bürste auch in die andere Hand nehmen.
Nun muss sich die Bürste auf den Kopf stellen, damit auch die Kauflächen oben rechts und links geputzt werden können. Das muss immer wieder
als Ritual geübt werden, weil Kinder die oberen Kauflächen nicht sehen können und das System hinter dem Ritual nicht erkennen.
Idealerweise wird das Putzritual morgens und abends zu Hause und ein weiteres Mal im Kindergarten eingeübt. Die Kinder sollten erst im Unterkiefer beginnen, wo sie die Kauflächen sehen können, danach die Zahnbürste umdrehen und im Oberkiefer auf beiden Seiten bürsten.
A: In der nächsten Entwicklungsstufe sollen die Kinder ihre Zähne im "Tigerbiss" aufeinander stellen und die Zähne zeigen. Mit
kreisförmigen Bewegungen werden die
Außenflächen der Zähne gebürstet.
Dabei machen kleinere Kinder eine große Kreisbewegung über Ober- und Unterkieferzähne hinweg, die größeren Kinder sollten kleine Kreise, getrennt für Ober- und Unterkiefer machen. Es ist darauf zu achten, dass die Kinder auch "ganz hinten in der Ecke" bürsten, also auch die hinter dem Mundwinkel liegenden Außenflächen erreichen.
I: Der dritte Schritt beinhaltet die Reinigung der
Innenflächen durch
auswischende Bewegungen. Dieser Reinigungsschritt ist der schwierigste, weil a) die Kinder dieser Flächen nicht sehen können und b) die Bürste hierfür kontrolliert im "Fingergriff" gehalten werden muss.
Sinnvollerweise beginnen kleinere Kinder zunächst mit der Wischbewegung der senkrecht stehenden Bürste hinter den
Oberkiefer-Fontzähnen (dafür Zahnbürste wie einen Lolli in den Mund nehmen) und wischen in langen geraden Zügen nach unten-vorne aus.
Erst größere Kinder (5-6 Jahre) können im Kindergarten beginnen, die Innenseiten der Seitenzähne im Unterkiefer mit dem "Motoradfahrer-Gasgriff" mit einer drehenden Bewegung auszuwischen.
Wirklich systematisch alle Innenflächen in Ober- und Unterkiefer reinigen können erst Schulkinder der dritten oder vierten Klasse.
Plus: Nachdem das Kind seinem Alter entsprechend vorgebürstet hat, wiederholt der Erwachsene alle Arbeitsschritte des KAI-Systems, wobei er seine Arbeitsschritte erklären oder das Zahnputzlied "Zahnbürste, tanz in meinem Mund" singen sollte, um die ritualisierte Standardprozedur im Gedächtnis des Kindes zu vertiefen.
KAI "ohne Plus"
Können die Kinder
ab einem Alter von 8-9 Jahren selbstständig und erfolgreich putzen, sollten die Eltern dennoch die Zahnpflege überwachen und die Zahnzwischenraumpflege im Bereich der Milchseitenzähne und des ersten großen Erwachsenen-Backenzahnes (des "Sechsers" ) z. B. mit montierter Zahnseide beginnen.
Am einfachsten ist es, einfach gemeinsam mit seinen größeren Kindern die Zähne zu putzen.
Auf keinen Fall sollte man sich darauf beschränken, im strengem Ton "Hast Du Zähne geputzt?" zu fragen, sich sonst aber nicht mehr im Badezimmer blicken zu lassen.
Ab dem
Einsetzen der Pubertät wird sich ein gemeinsamer Aufenthalt im Badezimmer zunehmend schwierig gestalten. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte das "Zähne bürsten" als ritualisierte Standardprozedur fest verankert sein.
Der Übergang zu einem erwachsenen Putzsystem sollte idealerweise schon vor dieser Zeit erfolgt sein.
das Putzsystem KIAZZ für Erwachsene stellen wir in der rechten Spalte vor.