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Raumluftreinigung durch Plasmageneratoren in der Praxis

Tilman Flechsig • Apr. 27, 2020

Ein weiterer Baustein im Gesamtkonzept Hygiene der Praxis führt zu zusätzlicher Sicherheit für Patienten und Mitarbeitende

In allen Behandlungszimmern unserer Praxis ist nun im Hintergrund ein leises Surren zu hören. Es handelt sich um das Lüftungsgeräusch eines Plasmagenerators zur Raumluftreinigung. Dieses nahe am Behandlungsplatz angebrachte Gerät erzeugt Sauerstoffradikale (Hydroxyl-Radikal (-OH)) durch eine Art "Elektrolyse der Luft" im kalten Hochspannungsplasma. Durch die auch als "Waschmittel der Atmosphäre" bezeichneten freigesetzten ladungstragenden  -OH-Moleküle kommt es zu zwei Phänomenen:
1) Aggregation und Ausfällung kleiner Partikel in der Luft durch Oberflächenionisierung
     (gleichnamige Ladungen ziehen sich an, die Partikel verklumpen und fallen aus)
2) Inaktivierung und Desinfektion von Viren und Bakterien durch Reaktion der Hydroxyl-Ionen mit ihren Hüllen
     (die Beschädigung ihrer Hüllen zerstört die Keime)
Durch beide Vorgänge können infektiöse Partikel durch die kontinuierlich laufenden Geräte schon während der Behandlung und  auch in der Pause zwischen zwei Behandlungen schnell am Ort Ihrer Entstehung beseitigt werden. Damit schützen wir das Behandlungsteam und auch den nächsten Patienten, der in diesem Zimmer behandelt wird.

Warum betreiben wir diesen hohen technischen Aufwand?

Bei einigen Behandlungen in der Zahnheilkunde wie zum Beispiel einer Zahnreinigung mit Ultraschallgeräten können sogenannte Aerosole entstehen. Aerosole sind kleine Wolken von Schwebteilchen einer Größe von < 5 µm, die sich über längere Zeit in der Luft halten können, also nicht wie Flüssigkeitstropfen der Schwerkraft folgend sofort auf den Boden fallen (wo sie in der Praxis per Wischdesinfektion beseitigt werden). In diesen Schwebteilchen befinden sich nicht nur das Kühlwasser der zahnärztlichen Einheit, sondern auch Bestandteile des Speichels. Das Kühlwasser der zahnärztlichen Einheit wird über eine zentrale Desinfektionsanlage im Keller der Praxis desinfiziert und ist keimfrei. Es ist sogar antibakteriell / antiviral, weil es Chlordioxid enthält und hierdurch Keime inaktiviert. Die Speichelbestandteile in den Aerosoltröpfchen könnten Krankheitskeime enthalten, wenn im Mund eines Erkrankten gearbeitet würde. Es muss aber grundsätzlich unterschieden werden zwischen einem hoch keimhaltigen Aerosol, welches durch das Abhusten von Lungensekret eines Covid-19-Erkrankten entsteht, und einem technisch enstandenen Aerosol, welches durch Aufwirbelung des Kühlwassers bei der zahnärztlichen Behandung entsteht,  das vor allem aus - nun ja - Kühlwasser besteht! Der Unterschied in der Keimlast ist beträchtlich! Dennoch könnten sich auch in diesem "technischen Aerosol" in geringer Menge virushaltige Speichelanteile eines unerkannt Erkrankten befinden und nun in der Luft schweben.

Im Zuge der Covid-19-Pandemie ist die Diskussion entstanden, inwiefern solche mikroskopisch kleinen Teilchen infektiöses Material enthalten können und ob eine Infektion über den "Luftweg" (sogenannte aerogene Infektion) stattfinden kann. Die Studienlage hierzu ist naturgemäß noch recht dürftig, erste Ergebnisse weisen aber darauf hin, das die Keimkonzentration im Infektionsmedium hoch sein muss, um eine Infektion herbeizuführen. Ein Virus allein verursacht noch keine Erkrankung. Hauptwege der Infektion sind die Tröpfcheninfektion (beim direkten Gegenüber zweier Menschen) bzw. die Schmierinfektion (bei Eintrag von verschmierten Sekreten über die Hände in Mund und Nase) sind. Aerosole scheinen beim Infektionsgeschehen (aufgrund der oft niedrigen Keimkonzentration) keine große Rolle zu spielen. Bedeutung hat das Thema für die zahnärztliche Praxis insofern, als Covid-19-Infizierte am letzten symptomfreien Tag schon hohe Zahlen an Viruspartikeln ausscheiden. Ein scheinbar gesunder Mensch kann also, ohne das er es selber merkt, Viren verbreiten. Hier sei allerdings nochmals angemerkt, das wir in der Praxis keine an Covid-19-Erkrankten behandeln.

Das Hygienekonzept unserer Praxis ist ein Hürdenkonzept. Viele unabhängig hintereinander geschaltete Elemente sollen die Sicherheit maximal erhöhen. Einige Elemente verhindern die Keimausstreuung (Selektion gesunder  Patienten), einige vermindern die Aerosolentstehung (z. B.: Absaugtechnik), und einige beseitigen die Aerosolreste in der Luft (z. B.: Schocklüften nach der Behandlung, Luftreinigung durch Plasmageneratoren). Sie alle erhöhen die Sicherheit, bevor der nächste Patient den Behandlungsraum betritt.

Folgende Methoden werden von uns angewandt:
  • Patientenselektion: Wir behandeln nur Patienten, die keinerlei Symptome einer Erkrankung der Atemwege haben und
        nicht in Kontakt zu     Erkrankten stehen. Hierzu werden alle Patienten befragt und deren Termine ggf. abgesagt.
  • Alle Patienten spülen vor der Behandlung mit einer desinfizierenden Lösung (Chlorhexidindigluconat).
  • Das Wasser der Praxis enthält desinfizierendes Chlordioxid über eine zentrale Wasserdesinfektionsanlage, das
        Kühlwasser ist also antiviral / antibakteriell wirksam.
  • Wo es möglich ist, verzichten wir auf Techniken, bei denen Aerosole entstehen.
  • Absaugtechnik: Wir saugen Aerosole am Ort der Entstehung über eine großvolumige Kanüle ab. Hierfür ist eine
         ausgebildete Assistenz im Einsatz.
  • Nach jeder entsprechenden Behandlung wird das Zimmer gründlich gelüftet (das Rest-Aerosol somit maximal verdünnt).
  • In allen Zimmern laufen wie oben beschrieben sogenannte Plasmageneratoren (Geräte zur Raumluftreinigung)
         kontinuierlich während der gesamten Arbeitszeit.
Mit den besten Wünschen für Ihre Gesundheit -
                                                 Ihr Praxisteam Dr. Gudrun Flechsig und Dr. Tilman Flechsig

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Verwendet unsere Praxis noch Amalgam? Nein. Wir haben in unserer Praxis die Verwendung von Amalgam schon vor über 25 Jahren komplett eingestellt. Bei Kindern und Jugendlichen haben wir es nie verwendet. Im Jahr 2018 hat die EU die Verwendung des Materials bei Schwangeren und Kindern unter 15 Jahren verboten. Nur für diesen kleineren Personenkreis übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die höheren Kosten einer Kompositefüllung. Wir bieten in unserer Praxis sowohl kostenfrei als auch kostenpflichtige Alternativen zum Amalgam an. Alle Patienten werden vor der Behandlung über eventuell anfallende Kosten bei der Versorgung mit höherwertigen Materialien informiert. Welche Konsequenzen ein EU-Amalgamverbot für die zukünftige Kostenübernahme von Kompositefüllungen (" Kunststofffüllungen ") durch die Krankenkassen haben wird, können wir derzeit noch nicht abschätzen. Für das Jahr 2024 ändert sich erst einmal nichts.
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Vor nicht allzu langer Zeit waren Karies (" Zahnfäule ") und lockere Zähne durch Parodontitis (" Zahnfleischschwund ") die Hauptursachen für den Verlust von Zahnsubstanz und Zähnen. Erfreulicherweise hat sich das geändert: Durch die verbesserte Mundhygiene bleiben mehr und mehr Menschen weitgehend kariesfrei und das Zahnfleisch und der Zahnhalteapparat werden gesund erhalten. In den letzten zwei Jahrzehnten rücken andere Schadensformen an den Zähnen mehr und mehr in den Vordergrund. Es sind Substanzverluste an den Oberflächen der Zähne, die durch mechanische ("Zähneknirschen", beschleunigter Zahnabrieb) oder chemische (Säureschäden) Einflüsse zu massiven Formveränderungen der Zähne, zum Absinken der Bisshöhe oder zum Freiliegen von empfindlichen Zahnarealen führen. Nach dem kompletten Verlust des schützenden Schmelzmantels liegt dann das Zahninnere, das Dentin frei, was zudem zu stark schmerzempfindlichen Zähnen führen kann. Natürlicher Oberflächenverlust (= Physiologische Demastikation) Jedes Gebiss unterliegt normalerweise einem kontinuierlichen Abrieb durch die Nahrungsbestandteile und die jeweilige Gegenbezahnung bzw. durch den Einfluss von natürlichen Säuren aus der Nahrung. So haben 20jährige in nur drei Prozent der Fälle einen stark sichtbaren Abriebsverlust (Abrieb bis in das mittlere Dentindrittel), wohingegen 70jährige diesen zu 17 Prozent aufweisen. Über 80% der 70jährigen haben zwar gealterte, aber grundsätzlich intakte Zahnoberflächen. Im Normalfall müssten unsere Zähne vom Abrieb her für ein ganzes Leben halten, weil wir in 10 Jahren nur etwa 0,3 mm an Zahnschmelz verlieren. Da der Schmelzmantel der Zähne im Bereich der Kaufläche ca. 1,5 mm dick ist, sollten wir die ersten 50 Jahre der Zahnnutzung ohne Freilegung von Dentin schaffen. Dies gilt umso mehr, als wir in unseren "modernen Zeiten" die Zähne nicht mehr als Werkzeug nutzen oder auf Steinen gemahlenes Mehl zu uns nehmen müssen. Das Mehl mit dem Sandzusatz wirkte in früheren Zeiten zu Brot gebacken wie Schmirgelpapier. Gebisse von Menschen, die vor mehr als 250 Jahren lebten, zeigen einen deutlich höheren Substanzverlust als heutzutage üblich. Es ist grundsätzlich sehr wichtig, krankhafte Substanzverluste schon in einem frühen Stadium zu entdecken, um massive Schäden und hohe Folgekosten für aufwendige Zahnrekonstruktionen zu vermeiden. Insbesondere kann sich der Abrieb verstärken, wenn das Dentin ("Zahnbein") an der Zahnoberfläche durch den vollständigen Verlust des Zahnschmelzes frei zu liegen beginnt, weil Dentin fünf mal weicher als Zahnschmelz ist. Was sind die Ursachen für einen beschleunigten Verlust von oberflächlicher Zahnsubstanz, der nicht durch Karies verursacht sind ? Wir unterscheiden hier zwei Schadensmechanismen, die im schlimmsten Fall kombiniert auftreten können:
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Moderne Zahnerhaltung funktioniert . Immer mehr Menschen behalten immer mehr eigene Zähne bis in hohe Lebensalter. Dieser Erfolg wird für Deutschland durch repräsentative Studien bestätigt, zum Beispiel durch die fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) von 2016. Mehr eigene Zähne im Mund - das ermöglicht Zahnärzten, in weit höherem Maße als früher Zahnersatz anzufertigen, der fest im Mund verankert ist, also Kronen und Brücken anzufertigen, statt wie früher einen herausnehmbaren Zahnersatz herzustellen. Die Lebensqualität der so versorgten Menschen ist höher, der Kaukomfort und die Kauleistung steigen. Dieser Trend wird durch den Einsatz von Zahnimplantaten noch verstärkt, weil diese strategische eingesetzten künstlichen Zahnwurzeln die Möglichkeiten der fest sitzenden Verankerung für Zahnersatz nochmals erweitern. Die Gruppe der Menschen, die zahnlos und mit einer Totalprothese versorgt sind, wird kleiner. Diese erfreuliche Entwicklung hat allerdings auch eine Schattenseite. Wo früher Totalprothesen mit einer "Kukident"-Reinigungstablette über Nacht im Wasserglas auf dem Nachttisch gereinigt werden konnten, müssen nun auch im hohen Alter die eigenen Zähne im Mund gepflegt werden. Mit steigendem Lebensalter treffen zwei Entwicklungen aufeinander: Zum einen steigt mit höherem Alter die Gefahr für Karies gegenüber dem mittleren Alter an. Freiliegende Zahnhälse, vergrößerte Zahnzwischenräume und abgenutzte Schmelzareale sowie eine geringere Speichelproduktion vergrößern die Anfälligkeit für Karies. Einschränkungen bei der Mundhygiene (Beweglichkeit von Schulter, Arm und Fingern, Sehschärfe etc.) begünstigen die Entstehung schädlicher Bakterienbeläge auf den Zahnoberflächen. In besonderem Maße sind Menschen gefährdet, die pflegebedürftig sind und noch eigene Zähne haben. Hier vergrößert sich der allgemeine Pflegebedarf durch die technisch herausfordernde Pflege der Zähne noch einmal deutlich. Und gerade in diesem Bereich gibt es zur Zeit noch die größten Defizite sowie einen hohen Informationsbedarf. Für Angehörige und Pflegende gibt es seit eine sehr informative Informations- und Lernplattform im Internet: https://mund-pflege.net/ Auf dieser vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Plattform werden eine Vielzahl von Informationen und praktische Tipps gegeben. Die Kapitel sind durchgehend bebildert, frei von Werbung und gut verständlich. Ein Blick auf diese Seite lohnt sich für jeden!
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