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Wie gut sind vollautomatische Zahnbürsten?

Tilman Flechsig • Juli 24, 2020

Studie der Universität Innsbruck zeigt die derzeitigen Grenzen der neuen Technologie

Die Idee klingt so genial wie einfach: Ein konfektioniertes Mundstück mit Silikonborsten wird in den Mund eingesetzt, ein Ultraschallgenerator setzt diese für 10 Sekunden in Schwingung und schon sind alle Zähne sauber. Das mühsame, minutenlange Bürsten von Hand oder mit einer klassisch-maschinellen Bürste (teilrotierend oder oszillierend) wäre unnötig.

Was für dem Normalbürger noch unnötig erscheint, könnte für pflegebedürftige, bettlägerige oder bewegungseingeschränkte Menschen eine grosse Hilfe sein und Angehörige und Pflegende sehr entlasten.

Nun gibt es eine wissenschaftliche Studie der Universität Innsbruck zur Reinigungswirkung der neuen Technologie. Die vollautomatische Amabrush(R)-Zahnbürste wurde bezüglich ihrer Reinigungswirkung mit einer konventionellen Handzahnbürste verglichen. Das Ergebnis ist ernüchternd.  Es wurde nur ungefähr ein Drittel des Reinigungserfolges erzielt, viele Flächen blieben schmutzig. Ursache ist die mangelnde Anpassung des Gerätes an die individuelle Anatomie und der dadurch fehlende Kontakt der Silikonborsten zur Zahnoberflächen. Derzeit gibt es noch kein derartiges Gerät, das zur Benutzung empfohlen werden könnte.

Die Firma Amabrush existiert inzwischen nicht mehr, allerdings versuchen sich auch andere Firmen an der Entwicklung vollautomatischer Zahnbürsten. Wir werden die Entwicklung mit Interesse verfolgen.

Hier zwei Links zur Studie:
http://zm.epaper-archiv.de/fileadmin/user_upload/tx_gomarchive/epaper/2020/13/15/
https://link.springer.com/article/10.1007/s00784-020-03359-5

Nachtrag 03.12.2021
Inzwischen wird die Idee von der Firma BLBR GmbH weiterverfolgt. Unter www.uniqe.com ist ein schönes Video zu sehen. Für 179.-€ gibt es die automatische Zahnbürste. Die wissenschaftliche Studie von Prof. Gängler (Univ. Witten-Herdecke) über die Reinigungsleistung der Bürste ist allerdings noch nicht veröffentlicht. 



Bis auf weiteres gilt also immer noch:
  • Mindestens zwei mal am Tag mit einer fluoridierten Zahnpasta bürsten.
  • Mindestens zwei Minuten lang Zähne bürsten, jede weitere Minute bringt bis zu einer Gesamtzeit von 5 Minuten einen Zuwachs an Reinigung.
  • Wenig Druck anwenden, am besten auf den Innenflächen der Zähne beginnen (dort kann man nicht so leicht zu viel  Druck  anwenden) und dann mit dem selben geringen Druck auf den Aussenseiten der Zähne fortfahren, die Kauflächen kommen zum Schluss dran.
  • Mit der Bürste nicht chaotisch im Mund herumspringen, sondern systematisch an einem Punkt der Innenseite eines Kiefers beginnen (z. B. in der Mitte), dann Zahn für Zahn weiter einzeln bürsten. Um den letzten Zahn wie um eine  Wendemarke eng herumbürsten und auf den Außenseiten Zahn für Zahn bürsten, bis der letzte Zahn der Gegenseite  erreicht ist, dann weiter auf der Innenseite bis zum Startpunkt. Die Kauflächen  erst zum Schluss bürsten und dann mit dem Gegenkiefer fortfahren.
  • Keine Sägebewegungen, sondern kurze Rüttelbewegungen oder kleine Kreise auf dem Punkt, gefolgt von einer  Wischbewegung von rot nach weiß, d. h. weg vom Zahnfleisch zum Zahn hin.
  • Warum nicht beim Fernsehen Zähne bürsten? Einfach eine milde Zahnpasta verwenden und ggf. den Schaum 
     herunterschlucken, das ist vollkommen unbedenklich. Ich bürste gerne während der Spätnachrichten und habe "alle  Zeit der Welt" zum Zähnebürsten, denn die Nachrichten dauern immer länger als 2 Minuten...
Mit besten Wünschen für Ihre Zahngesundheit - Ihr Praxis für Zahnerhaltung

Dr. Gudrun Flechsig und Dr. Tilman Flechsig

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