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Röntgen - wann, warum und wie?

Tilman Flechsig • Nov. 15, 2021

Was sind Röntgenstrahlen?

Das Physikbuch sagt: "Röntgenstrahlen sind unsichtbare, energiereiche elektromagnetische Wellen im Spektrum oberhalb des ultravioletten Lichtes, die Materie durchdringen können."
Für die medizinische Nutzung ist bedeutsam, das der zu untersuchende Körper weder alle Strahlen hindurch lässt (=> das Bild wäre dann komplett schwarz), noch das er alle Strahlen aufnimmt (=> das Bild wäre dann komplett weiß).
Sicher haben Sie schon eine Vermutung, welcher Gegenstand auf der Abbildung rechts geröntgt wurde. Die dickeren metallischen Anteile des Kugelschreibers haben die Strahlen geschluckt (weiße Bildanteile), der dünne Aluminiumkonus der Stiftspitze hinterlässt ein hellgraues Abbild und die Kunststoffanteile hinterlassen nur einen hauchfeinen Schleier, weil Sie von den Strahlen fast ohne Absorption durchdrungen werden.
In der Zahnmedizin verwenden wir speziell auf die Verhältnisse im Kiefer abgestimmte Frequenzen von Röntgenstrahlen, die die für den Zahnarzt wichtigen Strukturen wie Knochen, Zahnschmelz und Dentin gut abbilden, das Weichgewebe jedoch durchqueren und somit nicht abbilden.
Es ist ein wenig seltsam sich vorzustellen, das etwas den Körper durchdringen kann, ohne ihn zu berühren, aber so ist es: Energiereiche Stahlen kurzer Wellenlänge treffen den winzigen Atomkern bzw. die in der großen Elektronenhülle herumsausenden Elektronen überhaupt nicht. Vieleicht nannte Konrad Röntgen deshalb die von ihm  1895 in Würzburg entdeckten Strahlen  "X-Strahlen".


 

 



Sind Röntgenstrahlen schädlich?


Immer dann, wenn Röntgenstrahlen im Gewebe "stecken bleiben" (= absorbiert werden), übertragen sie Ihre Energie auf die getroffenen Atome und können hier zu Ladungsverschiebungen führen. Diese Ionisation kann eine chemische Reaktion (Radikalbildung) auslösen, die meistens harmlos ist, im ungünstigsten Fall aber schädlich für den Körper sein kann. Das ist der Fall, wenn ein wichtiges Biomolekül Schaden nimmt, das Erbinformationen trägt: Die menschliche DNA. Unser Körper verfügt allerdings aber über gute Reparatur- und Schutzmechanismen, denn wir leben seit Jahrtausenden mit nicht unerheblichen natürlichen Strahlenquellen. Grundsätzlich sollten so wenige Strahlen wie möglich im Gewebe stecken bleiben und gefährdete Strukturen (Fortpflanzungsorgane) geschont werden.

Der große Vorteil der Zahnmedizin gegenüber anderen Fachrichtungen der Medizin ist, dass Zahnärzte sich beim Röntgen eigentlich nur für das Hartgewebe interessieren, also Zähne und Knochen (Hartgewebsröntgen). Das Weichgewebe wollen wir auf dem Bild gar nicht sehen. Deshalb wird die "weiche" Strahlung, die im Weichgewebe stecken bleiben würde, von vornherein heraus gefiltert. Dazu wird ein Aluminiumfilter in den Strahlengang eingebaut, in dem die potentiell schädliche "weiche" Strahlung fast vollständig absorbiert wird.  Übrig bleibt mittelharte Strahlung, die im Hartgewebe stecken bleibt (im Kristall kann sie keinen Schaden anrichten) und harte Strahlung, die den Körper durchdringt, ohne absorbiert zu werden: Sie geht praktisch ohne Berührung hindurch und schwärzt den Hintergrund, damit die Mineralstrukturen deutlicher sichtbar werden. Röntgenaufnahme in der Zahnmedizin haben deshalb eine geringe effektive Dosis.


Das ist ein Grund dafür, warum Zahnärzte zwar 39% aller Röntgenaufnahmen in der Medizin machen,  dabei aber nur ein Anteil von 0,3%  an der Strahlenbelastung des Gewebes durch Röntgenaufnahmen insgesamt entsteht (Stand 2018). Weitere Gründe hierfür sind:

=> Viele unserer Aufnahmen sind sehr klein
       (3 x 4 cm Standartfilm).

=> Wir röntgen wenig strahlensensible Bereiche.

=> Wir verwenden Strahlenfeldbegrenzer und Röntgenschutzschilde oder -schürzen.

=> Wir röntgen digital.


Unser Resümee für das zahnärztliche Röntgen


Für die "rechtfertigende Indikation" einer Röntgenaufnahme muss der Nutzen für den Menschen höher als ein möglicher Schaden sein. Der Nutzen ist dann gegeben, wenn die Diagnose nur mit einem Röntgenbild möglich ist und der Befund die Therapie entscheidend mitbestimmt. Das ist in der Zahnheilkunde sehr oft der Fall, insbesondere wenn es um Vorgänge im Knochen oder den unzugänglichen Zahnzwischenräumen geht.

Demgegenüber steht eine Strahlenbelastung mit einem sehr geringen Risiko. Die Strahlendosis durch das zahnärztliche Röntgen beträgt bei einem Einzelbild ca. 3 µSv, das entspricht ungefähr dem vierhundertstel der natürlichen Jahresdosis (ca. 1,2 mSv) an natürlicher Hintergrundstrahlung.

Jeder Tag auf Erden oder jede Flugstunde (ca. 5 µSv) oberhalb 10.000 m Flughöhe verursachen eine höhere Strahlenbelastung für den Körper als ein Zahnfilm!



Ganz extrem ist die Strahlenbelastung von Rauchern. Da Tabakplanzen radioaktives Polonium enthalten und dieses mit dem Rauch in die Lunge aufgenommen wird, hat ein starker Raucher eine hohe Strahlenbelastung: Bei 20 Zigaretten am Tag entspricht sie mit 107 mSv ungefähr der Belastung von 35.000 Zahnfilmen. Zusätzlich kommen noch die Auswirkungen derschädlichen Verbrennungsprodukte.


Unser Fazit:
So wenig wie möglich und soviel wie nötig röntgen. Nur so ist eine moderne Zahnheilkunde möglich.


Bleiben Sie gesund!


Ihre Zahnarztpraxis
Dr. Gudrun Flechsig und Dr. Tilman Flechsig













Wie verbessern Röntgenstrahlen die Diagnose?


Das Bild links zeigt die Röntgenaufnahme einiger Seitenzähne einer jungen Patientin. Sie klagt über gelegentliche ziehende Schmerzen bei süßen Speisen in diesem Bereich. Im Mund fällt ein Zahn auf, der eine verdächtige Verfärbung im Zahnzwischenraum aufweist, allerdings auch sonst einen verfärbten Zahnschmelz hat. Mit der Sonde kann ich kein Loch ertasten, da die Zähne an dieser Stelle zu dicht aneinander stehen. Wenn ich warten würde, bis die Karies erst voran geschritten und "eindeutig" sichtbar ist, verschlechtert sich die Situation der Patienten. Wenn ich bohre, obwohl es nur eine harmlose Schmelzverfärbung ist, beschädige ich unnötig den Zahn. Ich brauche also mehr Informationen.

>>> Karies oder nicht?  Bohren oder belassen? <<<

Das Röntgenbild zeigt eindeutig:  Es liegt eine Karies vor, die vom Zwischenraum des sechsten Backenzahnes ausgehend das Zahnbein unterhöhlt. Haben Sie sie auch gesehen?




Das selbe Bild wie oben links. Durch Veränderung des Kontrastes kann bei digitalen Röntgenbildern die Diagnostik verbessert werden. Die Karies (siehe Pfeil) ist nun noch deutlicher zu sehen.





Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz für das Jahr 2018: Häufigkeit und effektive Dosis medizinischer Röntgenaufnahmen nach Fachbereichen geordnet

https://www.bfs.de/DE/themen/ion/anwendung-medizin/diagnostik/roentgen/haeufigkeit-exposition.html











Digitales Röntgen


Unsere Praxis hat im Jahr 2013 komplett auf das digitale Röntgen umgestellt. Diese Technik führt zu einer Reduzierung der Strahlendosis von 50-70% gegenüber dem konventionellen Film-Röntgen, weil die neuen Sensoren sehr empfindlich sind und die Belichtungszeiten für die Bilder entsprechend verkürzt werden können.


Unsere Geräte werden im Rahmen der Qualitätssicherung jeden Monat auf konstante Leistung und Qualität der Aufnahmen geprüft. Alle 5 Jahre überprüft zudem ein Sachverständiger des TÜV die Geräte.


Die digitale Bildauswertung bringt weitere Vorteile: Wir können Bilder vergrößern, verschiedene Filter zur Diagnostik einsetzen, digitale Vermessungen vornehmen und unsere Bilder in exzellenter Qualität digital an Kollegen schicken, die diese Bilder dann in gleicher Weise analysieren können.




Meßaufnahme für eine Implantation - nur mit Röntgen möglich.

asdf

Kontrolle einer Wurzelfüllung - nur mit Röntgen möglich.

Für weitere Informationen zum Thema Strahlenschutz können Sie die Homepage des Bundesamtes für Strahlenschutz aufrufen:

https://www.bfs.de/DE/home/home_node.html;jsessionid=6C26C2070C1CC6B1499020657FB223E7.1_cid374

von Tilman Flechsig 22 Apr., 2024
Verwendet unsere Praxis noch Amalgam? Nein. Wir haben in unserer Praxis die Verwendung von Amalgam schon vor über 25 Jahren komplett eingestellt. Bei Kindern und Jugendlichen haben wir es nie verwendet. Im Jahr 2018 hat die EU die Verwendung des Materials bei Schwangeren und Kindern unter 15 Jahren verboten. Nur für diesen kleineren Personenkreis übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die höheren Kosten einer Kompositefüllung. Wir bieten in unserer Praxis sowohl kostenfrei als auch kostenpflichtige Alternativen zum Amalgam an. Alle Patienten werden vor der Behandlung über eventuell anfallende Kosten bei der Versorgung mit höherwertigen Materialien informiert. Welche Konsequenzen ein EU-Amalgamverbot für die zukünftige Kostenübernahme von Kompositefüllungen (" Kunststofffüllungen ") durch die Krankenkassen haben wird, können wir derzeit noch nicht abschätzen. Für das Jahr 2024 ändert sich erst einmal nichts.
von Tilman Flechsig 19 Apr., 2024
Wie geht Umweltschutz in der Praxis?
von Tilman Flechsig 11 Apr., 2024
Vor nicht allzu langer Zeit waren Karies (" Zahnfäule ") und lockere Zähne durch Parodontitis (" Zahnfleischschwund ") die Hauptursachen für den Verlust von Zahnsubstanz und Zähnen. Erfreulicherweise hat sich das geändert: Durch die verbesserte Mundhygiene bleiben mehr und mehr Menschen weitgehend kariesfrei und das Zahnfleisch und der Zahnhalteapparat werden gesund erhalten. In den letzten zwei Jahrzehnten rücken andere Schadensformen an den Zähnen mehr und mehr in den Vordergrund. Es sind Substanzverluste an den Oberflächen der Zähne, die durch mechanische ("Zähneknirschen", beschleunigter Zahnabrieb) oder chemische (Säureschäden) Einflüsse zu massiven Formveränderungen der Zähne, zum Absinken der Bisshöhe oder zum Freiliegen von empfindlichen Zahnarealen führen. Nach dem kompletten Verlust des schützenden Schmelzmantels liegt dann das Zahninnere, das Dentin frei, was zudem zu stark schmerzempfindlichen Zähnen führen kann. Natürlicher Oberflächenverlust (= Physiologische Demastikation) Jedes Gebiss unterliegt normalerweise einem kontinuierlichen Abrieb durch die Nahrungsbestandteile und die jeweilige Gegenbezahnung bzw. durch den Einfluss von natürlichen Säuren aus der Nahrung. So haben 20jährige in nur drei Prozent der Fälle einen stark sichtbaren Abriebsverlust (Abrieb bis in das mittlere Dentindrittel), wohingegen 70jährige diesen zu 17 Prozent aufweisen. Über 80% der 70jährigen haben zwar gealterte, aber grundsätzlich intakte Zahnoberflächen. Im Normalfall müssten unsere Zähne vom Abrieb her für ein ganzes Leben halten, weil wir in 10 Jahren nur etwa 0,3 mm an Zahnschmelz verlieren. Da der Schmelzmantel der Zähne im Bereich der Kaufläche ca. 1,5 mm dick ist, sollten wir die ersten 50 Jahre der Zahnnutzung ohne Freilegung von Dentin schaffen. Dies gilt umso mehr, als wir in unseren "modernen Zeiten" die Zähne nicht mehr als Werkzeug nutzen oder auf Steinen gemahlenes Mehl zu uns nehmen müssen. Das Mehl mit dem Sandzusatz wirkte in früheren Zeiten zu Brot gebacken wie Schmirgelpapier. Gebisse von Menschen, die vor mehr als 250 Jahren lebten, zeigen einen deutlich höheren Substanzverlust als heutzutage üblich. Es ist grundsätzlich sehr wichtig, krankhafte Substanzverluste schon in einem frühen Stadium zu entdecken, um massive Schäden und hohe Folgekosten für aufwendige Zahnrekonstruktionen zu vermeiden. Insbesondere kann sich der Abrieb verstärken, wenn das Dentin ("Zahnbein") an der Zahnoberfläche durch den vollständigen Verlust des Zahnschmelzes frei zu liegen beginnt, weil Dentin fünf mal weicher als Zahnschmelz ist. Was sind die Ursachen für einen beschleunigten Verlust von oberflächlicher Zahnsubstanz, der nicht durch Karies verursacht sind ? Wir unterscheiden hier zwei Schadensmechanismen, die im schlimmsten Fall kombiniert auftreten können:
von Tilman Flechsig 08 Feb., 2024
Moderne Zahnerhaltung funktioniert . Immer mehr Menschen behalten immer mehr eigene Zähne bis in hohe Lebensalter. Dieser Erfolg wird für Deutschland durch repräsentative Studien bestätigt, zum Beispiel durch die fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) von 2016. Mehr eigene Zähne im Mund - das ermöglicht Zahnärzten, in weit höherem Maße als früher Zahnersatz anzufertigen, der fest im Mund verankert ist, also Kronen und Brücken anzufertigen, statt wie früher einen herausnehmbaren Zahnersatz herzustellen. Die Lebensqualität der so versorgten Menschen ist höher, der Kaukomfort und die Kauleistung steigen. Dieser Trend wird durch den Einsatz von Zahnimplantaten noch verstärkt, weil diese strategische eingesetzten künstlichen Zahnwurzeln die Möglichkeiten der fest sitzenden Verankerung für Zahnersatz nochmals erweitern. Die Gruppe der Menschen, die zahnlos und mit einer Totalprothese versorgt sind, wird kleiner. Diese erfreuliche Entwicklung hat allerdings auch eine Schattenseite. Wo früher Totalprothesen mit einer "Kukident"-Reinigungstablette über Nacht im Wasserglas auf dem Nachttisch gereinigt werden konnten, müssen nun auch im hohen Alter die eigenen Zähne im Mund gepflegt werden. Mit steigendem Lebensalter treffen zwei Entwicklungen aufeinander: Zum einen steigt mit höherem Alter die Gefahr für Karies gegenüber dem mittleren Alter an. Freiliegende Zahnhälse, vergrößerte Zahnzwischenräume und abgenutzte Schmelzareale sowie eine geringere Speichelproduktion vergrößern die Anfälligkeit für Karies. Einschränkungen bei der Mundhygiene (Beweglichkeit von Schulter, Arm und Fingern, Sehschärfe etc.) begünstigen die Entstehung schädlicher Bakterienbeläge auf den Zahnoberflächen. In besonderem Maße sind Menschen gefährdet, die pflegebedürftig sind und noch eigene Zähne haben. Hier vergrößert sich der allgemeine Pflegebedarf durch die technisch herausfordernde Pflege der Zähne noch einmal deutlich. Und gerade in diesem Bereich gibt es zur Zeit noch die größten Defizite sowie einen hohen Informationsbedarf. Für Angehörige und Pflegende gibt es seit eine sehr informative Informations- und Lernplattform im Internet: https://mund-pflege.net/ Auf dieser vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Plattform werden eine Vielzahl von Informationen und praktische Tipps gegeben. Die Kapitel sind durchgehend bebildert, frei von Werbung und gut verständlich. Ein Blick auf diese Seite lohnt sich für jeden!
von Tilman Flechsig 28 Okt., 2023
Das Problem des Biofilms
von Tilman Flechsig 27 Okt., 2023
Testbericht über die neue elektrische Zahnbürste oral-b iO10.
von Tilman Flechsig 26 Sept., 2023
In dem Beitrag wird erklärt, dass auch beim Vorliegen einer Schilddrüsen-Unterfunktion (z. B.: Hashimoto-Thyreoditis) die normale Zahnpflege mit fluoridierten Zahnpflegeprodukten problemlos möglich ist.
von Tilman Flechsig 12 Sept., 2023
Wie kann ich meine Mundhygiene verbessern?
von Tilman Flechsig 07 Sept., 2023
Wieso werden Mundspülungen überhaupt angewandt oder empfohlen?
von Tilman Flechsig 16 Aug., 2023
Verschiedene Stoffgruppen zum Süßen von Lebensmitteln werden vorgestellt und unter gesundheitlichen Aspekten eingeordnet.
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